Sonntag, 24. September 2023

Die erste Woche

Die erste Woche meines Aufenthalts in Graz ist gefühlt wie im Flug vergangen. Schon in den ersten paar Tagen konnte ich viele neue Einblicke und Erfahrungen von unschätzbarem Wert gewinnen.

Nachdem ich mich lange darauf gefreut hatte, konnte das Praktikum dann am Montag so richtig losgehen. Zunächst einmal wurde ich von der Bibliotheksleiterin in der Verwaltung der Stadtbibliothek begrüßt. Anschließend machten wir einen Rundgang durch die Verwaltung, auf dem ich schon einige der vielen netten Kollegen in der Stadtbibliothek kennenlernen durfte. Nachdem mir dort alles gezeigt wurde, ging es dann in den Zanklhof, welcher die Hauptzweigstelle der Bibliothek und über einen Durchgang direkt mit der Verwaltung verbunden ist. Als ich diesen dann betrat, ging es mir wahrscheinlich wie so vielen vor mir: ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Der Zanklhof ist ein denkmalgeschütztes, ehemaliges Farben- und Lackgeschäft, welches in den 1890er-Jahren erbaut wurde und jetzt der Stadtbibliothek Graz als Hauptzweigstelle dient. Der Bau ist sehr imposant und die dunkle Holzverkleidung, die sich durch das ganze Gebäude zieht, wirkt sehr edel. Ich freute mich also, dass ich die erste Woche in solch einem schönen und einzigartigen Gebäude arbeiten durfte. In der Kinderabteilung im zweiten Stock lernte ich dann langsam mithilfe einer Kollegin die Arbeitsabläufe und insbesondere die Ordnung der Bibliothek kennen. Wie in jeder öffentlichen Bibliothek sind auch in der Grazer Stadtbibliothek die Medien in unterschiedliche Sachgruppen unterteilt, die an der Signatur erkennbar sind. In der Stadtbibliothek sind zusätzlich noch die Sachgruppen durch verschiedene Farbcodes gekennzeichnet, die es den Benutzern und Mitarbeitern erleichtern sollen, Medien zu finden und zu ordnen. In den einzelnen Sachgruppen wird dann zumeist alphabetisch anhand des Autorennamens sortiert.

Eine der ersten Tätigkeiten, die ich in der Bibliothek kennenlernte, war die Bearbeitung von Postlisten. Die Stadtbibliothek Graz bietet gegen einen kleinen Aufpreis in Zusammenarbeit mit der österreichischen Post einen Service an, über den man sich Medien zur nächstgelegenen Postfiliale liefern lassen kann. Diese Bestellungen werden über das Internet aufgegeben und kommen dann bei den Bibliotheksmitarbeitern per E-Mail an. Eine solche Bestellung resultiert dann in einer Postliste, die man zur Suche nach den bestellten Medien nutzt. Um Medien schnell und präzise finden zu können, ist eine gewisse Kenntnis des bibliothekarischen Ordnungssystems erforderlich, die mir an meinem ersten Tag natürlich noch fehlte, aber mit der Hilfe meiner Kollegen fand ich trotzdem die meisten Medien relativ schnell. Jedoch muss auch gesagt werden, dass die Kinderabteilung in jeder Bibliothek eine Ausnahme darstellt. Die Medien werden natürlich auch dort anhand von Signaturen geordnet, aber da hauptsächlich Kinder die Medien nutzen, kann es unter Umständen vorkommen, dass ein Medium nicht an seinen eigentlichen Platz zurückgestellt wird und dadurch später nicht mehr gefunden werden kann. Dies sollte unbedingt beachtet werden und macht die Suche nach Medien in der Kinderabteilung schwieriger als in den anderen Abteilungen. Neben der Bearbeitung der Postlisten wurde ich in der ersten Woche auch in andere bibliothekarische Grundtätigkeiten eingeführt. Zum Beispiel räumte ich zurückgegebene Medien zurück, wodurch ich mein Wissen über die Ordnung und Signaturen stetig ausbauen konnte. Außerdem half ich Nutzern bei der Benutzung des "Selbstverbucher"-Automaten, der nun die Ausleihe und Rückgabe am Schalter langsam ersetzt. Eigentlich funktioniert er ganz einfach: die Medien, die zurückgegeben werden sollen, werden in einen Schacht geworfen, und auszuleihende Medien werden auf ein bestimmtes Feld gelegt, von einem Scanner erfasst und dann nach Einlesen des Bibliotheksausweises automatisch ausgeliehen. Diese Station ist im Zanklhof jedoch noch recht neu, weshalb einige Benutzer noch Hilfe benötigen.

Neben den schon erwähnten, traditionelleren Bibliothekstätigkeiten konnte ich auch in der ersten Woche schon in andere Bereiche hineinschnuppern, wie die Veranstaltungsvorbereitung oder die Buchbinderei. In der Buchbinderei war ich von der Präzision und Ordnung der Kollegen sehr beeindruckt. Bei jedem Arbeitsschritt muss man voll konzentriert sein, um die Medien sauber und ordentlich einzubinden. Speziell dafür gibt es verschiedene Folien und Bänder, die man für die Signaturen und Einbände nutzt. Jedoch wird heutzutage immer mehr auf das Einbinden von Medien aufgrund von Nachhaltigkeitsbedenken verzichtet. Ich bin gespannt, wie sich diese Entwicklung in der Zukunft verhalten wird und ob dies die Langlebigkeit von Medien stark beeinträchtigt. 

Die Veranstaltungen der Stadtbibliothek Graz sind zahlreich und vielfältig. Sie reichen von Lesungen (zum Beispiel durfte ich bei einer Lesung "aus den eigenen Reihen" dabei sein, auf der Angehörige der Bibliothek und des Kulturamtes Graz eigene Texte vorstellten und daraus lasen) bis hin zu Wissens- und Kinderveranstaltungen (in einer anderen Zweigstelle lernte ich zum Beispiel altirische Geschichte und das christliche Keltentum kennen). Am Freitag fand dann in Graz das Sprachenfest statt, bei dem auch die Stadtbibliothek mit einem Stand im Graz Museum vertreten war. Ich durfte dabei den Kolleginnen beim Aufbau und bei der Betreuung des Standes helfen. Die Kinder konnten bei uns verschiedene kleinere Spiele zum Thema Sprachen und Bibliothek spielen sowie eigene Lesezeichen mit Braille-Schrift basteln. Der Tag hat wirklich Spaß gemacht und ich fand es interessant zu sehen, dass auch solch eine Arbeit von einer modernen, öffentlichen Bibliothek gewährleistet wird. Generell finde ich das große Kinder- und Jugendangebot der Stadtbibliothek sehr beeindruckend! Hier ein Foto des Stands:


Aber nicht nur der Freitag, sondern die ganze erste Woche hat mir großen Spaß gemacht und war sehr spannend für mich. Ich habe viele nette Kollegen kennengelernt, interessante Gespräche geführt und neue Erfahrungen gemacht. Auf die nächsten Wochen freue ich mich deshalb umso mehr und werde hier im Blog nächste Woche wieder berichten!

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